Der Titel ist geklaut von einem Song von Tom Waits.
Statt diesem könnte man auch andere ruhige Musik hören, z.B. von Coldplays Album "X&Y"
Statt diesem könnte man auch andere ruhige Musik hören, z.B. von Coldplays Album "X&Y"
Ich begegnete ihr morgens um vier, kurz bevor die Sonne wieder aufgeht und wenn all die Müden und Betrunkenen an der Haltestelle sitzen und auf die erste Bahn warten.
Ich war einer davon – aber nicht betrunken: ich hatte bloß so spät gearbeitet, dass die letzte Bahn weg gewesen war, und die Zeit danach eher gechillt im Shamrock totgeschlagen, dem unvermeidlichen Irish Pub auf so einer Straße voll Bars, und das ganze Partyvolk beobachtet, bis mich das Bewusstsein einer tiefen Einsamkeit befallen hatte, die an Orten wie diesen immer lauert und ihre Finger nach jedem ausstreckt, der nicht gerade mit Freunden oder Fremden quatscht oder tanzt oder sonst irgendwie beschäftigt ist, Spaß zu haben. Unter all den Gestalten an der Haltestelle war ich sicher der am geradesten sitzende, auch wenn das schwer zu erkennen war: dieses Wartehäuschen hier hatte ich ganz für mich allein.
Das hatte ich zumindest gedacht – aber einmal, als ich mich umsah, war da plötzlich sie: ganz in der Ecke zwischen Sitzbank und Glaswand zusammengesunken, den Kopf aber erhoben und mit abschweifendem Blick von mir abgewandt. Hohe Schuhe an den Füßen, die ihr inzwischen bestimmt ungemütlich geworden sein mussten, ein weißes Top, leicht bauchfrei, einen dunklen Rock und auch in allen anderen Merkmalen so exakt dem tagesaktuellen Trend folgend, dass sie alleine, hier, an dieser Haltestelle, sehr schön wirkte – aber unter Vielen, in einem der ganzen Clubs hier, wäre der Blick nicht auf ihr hängen geblieben. Ich hätte nicht sagen können, ob ich sie heute nacht schon einmal gesehen hätte. Vielleicht auch schon zwanzigmal.
So in Gedanken bemerkte ich erst unfein spät, dass sie ihren Blick inzwischen mir zugewandt hatte, und wir uns in die Augen sahen. Ich lächelte kurz, so wie man dem Kassierer zulächelt oder einem Arbeitskollegen, wenn man ihm auf der Straße begegnet, und sah woanders hin.
„Nein“, sagte sie. Wie eine Lehrerin es sagen würde, um mich darauf hinzuweisen, dass ich gerade einen Fehler gemacht hätte, und es nochmal probieren sollte.
Also sah ich wieder hin, und sagte:
„Hey?“
Mit Fragezeichen. Sie lächelte. Ein Gesicht, das ich schon dann kaum wiedererkannt hätte, wenn sie nur mal kurz auf Klo verschwunden und nach zwei Minuten wiedergekommen wäre. Aber dabei so schön, dass man es den ganzen Abend lang hätte ansehen wollen, um völlig zu versinken in diesem Blick, den kindlichen, weisen, alten und jungen Augen voll Genuss und Melancholie. Ich musste mehr sagen:
„Wie heißt du?“
– „Undine.“
Undine, dachte ich, das ist doch ein Geist aus irgendwelchen Volksmärchen: die Verführerin aus den Wassern, wegen der unbedachte Männer zu weit raus schwimmen und ertrinken. War das nicht so?
„Undine“, sagte ich, um den Namen auf der eigenen Zunge zu schmecken: „ein seltener Name.“
„Es ist nicht mein Name“, sagte sie, „du hast ihn mir gegeben. Mein Name hat keinen eigenen Klang; die Leute hören immer genau das, was sie gerade von mir denken, wenn ich ihn sage.
Du denkst also an diesen Spuk... Du findest mich schön? Aber du hast Angst vor mir?“
„Wie, was sie hören wollen“, fragte ich, „wie soll das denn gehen? Irgendwie musst du doch heißen.“
„Irgendwie“, sagte sie, „das ist es. Ich heiße Irgendwie, ich bin Irgendwie. Denn in einem hast du Recht mit Undine: Ich bin tatsächlich kein Mensch wie du. Ich bin nicht in dieses Wartehäuschen hinein gegangen, sondern hier erschienen... Nenn mich Geist, wenn du magst. Ich bin das Herz der Samstagnacht.“
„Was bist du?“
„Ich bin das Gesamtbild. Wenn jede und jeder, den es heute auf diese Straße gezogen hat, ein Mosaiksteinchen ist, dann bin ich das Bild, das sie darstellen. Ich bin das Suchen, Das Gesehen-Werden, und auch der strahlende Genuss, den man hier finden kann. Aber jetzt ist es viertel vor vier und wer jemanden hat, ist schon nach Hause. Da bleibt für mich weniger da, aus dem ich mich machen kann. Ich habe heute sehr viel getanzt, habe mich übergeben, und weinend auf dem Klo gesessen, und gesehen, wie die Freunde, die ich einander vorgestellt habe, einander abgeschleppt haben. „Ich“ – das war in dem Moment, als die zwei sich kennen lernten, schon keiner mehr von denen. Die sind ja selbst schon jemand, die sind ja echte Menschen. Ich… Ich bin nur das Gesicht in der Menge, das dir kurz den Eindruck gibt, schöne Menschen seien anwesend. Darum hast du natürlich auch damit recht: ich bin ganz sicher attraktiv. Ich bin“ – dabei sah sie an sich herab – „eine Frau. Gut, du bist ein Mann, und anscheinend straight. Aber ich bin niemand bestimmtes, nur Irgendwer. Ich bin die Verheißung auf jemanden, die sie alle heute nacht in hier diese Bars gelockt hat.
Und jetzt bin ich diese eine Person, die man auf dem Nachhauseweg doch noch anquatschen könnte, aber dann tut man es doch nicht, weil man betrunken und müde ist und sicher keine Chance mehr hätte. Undine, wenn du so willst.“
„Aber“, sagte ich, „wie kann es dann sein, dass wir miteinander reden?“
„Ich möchte dir etwas sagen. Und du musst es allen deinen Freunden weitersagen: Weißt du… immer wenn hier jemand sich kennenlernt, habe ich doch noch einen gewissen Anteil daran. Sie gefallen einander, und dann verlassen sie meinen Einflussbereich als Zwei – es ist schön, das zu sehen. Dazu bin ich da! Wenn so etwas ein Mal passiert, dann darf ich existieren und ruhigen Gewissens Tausende herauslocken, auch wenn immer viele abends hier an dieser Haltestelle allein bleiben, so wie du.
Aber es kommt immer häufiger vor, dass sich jemand tatsächlich in mich verliebt. Das darf nicht vorkommen, hörst du? Es passiert immer wieder, dass eine junge Frau einen Mann, der ihr eigentlich gefiel, wegschickt; oder dass ein Mann eine Frau gar nicht erst anspricht, nur weil diese Leute am anderen Ende des Ladens mein Gesicht gesehen haben und dann meinen, wenn sie ihren Flirt haben würden, dass sie dann mich verlieren würden. Mich verlieren! Mich gibt es doch gar nicht! Sieh mich an: findest du mich etwa schöner als irgendeine echte Frau, an der du jemals interessiert warst?“
Ich sah sie an, und versank schon wieder.
„Ja“, sagte ich: „So leid es mir auch tut: du bist die Schönste. Du bist die Definition von Schönheit.“
„Nein“, rief sie, „verwechsle nicht Schönheit mit Anziehung. Ansehen sollst du mich! Versuch es! Beschreibe mich! Wer bin ich, hm?“
„Undine“, sagte ich, „die, von der alle träumen.“
„Ich bin geträumt! Es gibt mich nicht, versteh doch! Es gibt mich auf Selfies, und in Popsongs – ach, ich werde jeder verfickten Zigaretten-Werbekampange vor den Karren geschnallt! Und die Hälfte von Instagram huldigt entweder mir oder meinem Geschwister Der Nachts auf Hochhäusern Tanzt.Aber ich bin nicht echt! Sieh mich an, versuch es. Kannst du mich, persönlich, ansehen?“
Ich sah in dieses Gesicht und wünschte mir nichts mehr, als ihr ihren Gefallen zu tun, ihr Gutes zu tun. Sie war so aufgelöst. Aber dieser Gefallen hätte bedeutet, zu verleugnen, dass sie da saß – oder nicht? Wenn ich so auf sie sehen würde, wie sie es forderte, dann würde ich sie wahrscheinlich gar nicht mehr sehen können. War das, was sie wollte?
„Dich persönlich ansehen kann ich nicht“, sagte ich, „da hast du Recht. Du bist eben keine Person. Aber dich geist-mäßig… Dich im Geiste ansehen, das geht, und das ist schön! Undine. Wenn ich jetzt einmal den Blick abwenden würde dann wärest du wahrscheinlich sofort wieder verschwunden, richtig? Also, warum sollte ich das tun? Dann bin ich ja nur wieder einsam hier.“
Sie schaute mich lange und eindringlich an. Bei jedem meiner Blinzler fürchtete ich, ihre Gegenwart zu verlieren. Ihre Gegenwart, die sie ja gar nicht wollte. Die sie eigentlich auch gar nicht geben konnte – je länger ich zu ihr sah, je mehr ich versuchte, ihr Wesen zu greifen, desto mehr kam ich mir wie ein Lügner vor.
Schließlich sagte sie: „Du hast es verstanden. Du bist allein.“,
und dann verschwand sie, vor meinen Augen.
Die Bahn fuhr ein und brachte mich nach Hause.
Am nächsten Samstag hatte ich frei. Und eigentlich mach ich sowas nie, aber um 23 Uhr fand ich mich doch schniede gestylt genau da auf der Piste wieder. Auch in der Woche danach, und der da nach. Seit ihr Blick mich gestreift hat, lässt das Sehnen nach Undine mich nicht mehr los. Ich halte nach ihr Ausschau, aber in keinem der Mädels, das ich anspreche, finde ich sie. Und von denen findet auch keine ihr Herz der Samstagnacht in mir.
Also kommen wir am nächsten Wochenende wieder neu zu unserer Zeremonie der Suche zusammen, jede Woche neu. Und manchmal frage ich mich, ob wir nicht langsam auch alle Geister sind wie Undine
Ich war einer davon – aber nicht betrunken: ich hatte bloß so spät gearbeitet, dass die letzte Bahn weg gewesen war, und die Zeit danach eher gechillt im Shamrock totgeschlagen, dem unvermeidlichen Irish Pub auf so einer Straße voll Bars, und das ganze Partyvolk beobachtet, bis mich das Bewusstsein einer tiefen Einsamkeit befallen hatte, die an Orten wie diesen immer lauert und ihre Finger nach jedem ausstreckt, der nicht gerade mit Freunden oder Fremden quatscht oder tanzt oder sonst irgendwie beschäftigt ist, Spaß zu haben. Unter all den Gestalten an der Haltestelle war ich sicher der am geradesten sitzende, auch wenn das schwer zu erkennen war: dieses Wartehäuschen hier hatte ich ganz für mich allein.
Das hatte ich zumindest gedacht – aber einmal, als ich mich umsah, war da plötzlich sie: ganz in der Ecke zwischen Sitzbank und Glaswand zusammengesunken, den Kopf aber erhoben und mit abschweifendem Blick von mir abgewandt. Hohe Schuhe an den Füßen, die ihr inzwischen bestimmt ungemütlich geworden sein mussten, ein weißes Top, leicht bauchfrei, einen dunklen Rock und auch in allen anderen Merkmalen so exakt dem tagesaktuellen Trend folgend, dass sie alleine, hier, an dieser Haltestelle, sehr schön wirkte – aber unter Vielen, in einem der ganzen Clubs hier, wäre der Blick nicht auf ihr hängen geblieben. Ich hätte nicht sagen können, ob ich sie heute nacht schon einmal gesehen hätte. Vielleicht auch schon zwanzigmal.
So in Gedanken bemerkte ich erst unfein spät, dass sie ihren Blick inzwischen mir zugewandt hatte, und wir uns in die Augen sahen. Ich lächelte kurz, so wie man dem Kassierer zulächelt oder einem Arbeitskollegen, wenn man ihm auf der Straße begegnet, und sah woanders hin.
„Nein“, sagte sie. Wie eine Lehrerin es sagen würde, um mich darauf hinzuweisen, dass ich gerade einen Fehler gemacht hätte, und es nochmal probieren sollte.
Also sah ich wieder hin, und sagte:
„Hey?“
Mit Fragezeichen. Sie lächelte. Ein Gesicht, das ich schon dann kaum wiedererkannt hätte, wenn sie nur mal kurz auf Klo verschwunden und nach zwei Minuten wiedergekommen wäre. Aber dabei so schön, dass man es den ganzen Abend lang hätte ansehen wollen, um völlig zu versinken in diesem Blick, den kindlichen, weisen, alten und jungen Augen voll Genuss und Melancholie. Ich musste mehr sagen:
„Wie heißt du?“
– „Undine.“
Undine, dachte ich, das ist doch ein Geist aus irgendwelchen Volksmärchen: die Verführerin aus den Wassern, wegen der unbedachte Männer zu weit raus schwimmen und ertrinken. War das nicht so?
„Undine“, sagte ich, um den Namen auf der eigenen Zunge zu schmecken: „ein seltener Name.“
„Es ist nicht mein Name“, sagte sie, „du hast ihn mir gegeben. Mein Name hat keinen eigenen Klang; die Leute hören immer genau das, was sie gerade von mir denken, wenn ich ihn sage.
Du denkst also an diesen Spuk... Du findest mich schön? Aber du hast Angst vor mir?“
„Wie, was sie hören wollen“, fragte ich, „wie soll das denn gehen? Irgendwie musst du doch heißen.“
„Irgendwie“, sagte sie, „das ist es. Ich heiße Irgendwie, ich bin Irgendwie. Denn in einem hast du Recht mit Undine: Ich bin tatsächlich kein Mensch wie du. Ich bin nicht in dieses Wartehäuschen hinein gegangen, sondern hier erschienen... Nenn mich Geist, wenn du magst. Ich bin das Herz der Samstagnacht.“
„Was bist du?“
„Ich bin das Gesamtbild. Wenn jede und jeder, den es heute auf diese Straße gezogen hat, ein Mosaiksteinchen ist, dann bin ich das Bild, das sie darstellen. Ich bin das Suchen, Das Gesehen-Werden, und auch der strahlende Genuss, den man hier finden kann. Aber jetzt ist es viertel vor vier und wer jemanden hat, ist schon nach Hause. Da bleibt für mich weniger da, aus dem ich mich machen kann. Ich habe heute sehr viel getanzt, habe mich übergeben, und weinend auf dem Klo gesessen, und gesehen, wie die Freunde, die ich einander vorgestellt habe, einander abgeschleppt haben. „Ich“ – das war in dem Moment, als die zwei sich kennen lernten, schon keiner mehr von denen. Die sind ja selbst schon jemand, die sind ja echte Menschen. Ich… Ich bin nur das Gesicht in der Menge, das dir kurz den Eindruck gibt, schöne Menschen seien anwesend. Darum hast du natürlich auch damit recht: ich bin ganz sicher attraktiv. Ich bin“ – dabei sah sie an sich herab – „eine Frau. Gut, du bist ein Mann, und anscheinend straight. Aber ich bin niemand bestimmtes, nur Irgendwer. Ich bin die Verheißung auf jemanden, die sie alle heute nacht in hier diese Bars gelockt hat.
Und jetzt bin ich diese eine Person, die man auf dem Nachhauseweg doch noch anquatschen könnte, aber dann tut man es doch nicht, weil man betrunken und müde ist und sicher keine Chance mehr hätte. Undine, wenn du so willst.“
„Aber“, sagte ich, „wie kann es dann sein, dass wir miteinander reden?“
„Ich möchte dir etwas sagen. Und du musst es allen deinen Freunden weitersagen: Weißt du… immer wenn hier jemand sich kennenlernt, habe ich doch noch einen gewissen Anteil daran. Sie gefallen einander, und dann verlassen sie meinen Einflussbereich als Zwei – es ist schön, das zu sehen. Dazu bin ich da! Wenn so etwas ein Mal passiert, dann darf ich existieren und ruhigen Gewissens Tausende herauslocken, auch wenn immer viele abends hier an dieser Haltestelle allein bleiben, so wie du.
Aber es kommt immer häufiger vor, dass sich jemand tatsächlich in mich verliebt. Das darf nicht vorkommen, hörst du? Es passiert immer wieder, dass eine junge Frau einen Mann, der ihr eigentlich gefiel, wegschickt; oder dass ein Mann eine Frau gar nicht erst anspricht, nur weil diese Leute am anderen Ende des Ladens mein Gesicht gesehen haben und dann meinen, wenn sie ihren Flirt haben würden, dass sie dann mich verlieren würden. Mich verlieren! Mich gibt es doch gar nicht! Sieh mich an: findest du mich etwa schöner als irgendeine echte Frau, an der du jemals interessiert warst?“
Ich sah sie an, und versank schon wieder.
„Ja“, sagte ich: „So leid es mir auch tut: du bist die Schönste. Du bist die Definition von Schönheit.“
„Nein“, rief sie, „verwechsle nicht Schönheit mit Anziehung. Ansehen sollst du mich! Versuch es! Beschreibe mich! Wer bin ich, hm?“
„Undine“, sagte ich, „die, von der alle träumen.“
„Ich bin geträumt! Es gibt mich nicht, versteh doch! Es gibt mich auf Selfies, und in Popsongs – ach, ich werde jeder verfickten Zigaretten-Werbekampange vor den Karren geschnallt! Und die Hälfte von Instagram huldigt entweder mir oder meinem Geschwister Der Nachts auf Hochhäusern Tanzt.Aber ich bin nicht echt! Sieh mich an, versuch es. Kannst du mich, persönlich, ansehen?“
Ich sah in dieses Gesicht und wünschte mir nichts mehr, als ihr ihren Gefallen zu tun, ihr Gutes zu tun. Sie war so aufgelöst. Aber dieser Gefallen hätte bedeutet, zu verleugnen, dass sie da saß – oder nicht? Wenn ich so auf sie sehen würde, wie sie es forderte, dann würde ich sie wahrscheinlich gar nicht mehr sehen können. War das, was sie wollte?
„Dich persönlich ansehen kann ich nicht“, sagte ich, „da hast du Recht. Du bist eben keine Person. Aber dich geist-mäßig… Dich im Geiste ansehen, das geht, und das ist schön! Undine. Wenn ich jetzt einmal den Blick abwenden würde dann wärest du wahrscheinlich sofort wieder verschwunden, richtig? Also, warum sollte ich das tun? Dann bin ich ja nur wieder einsam hier.“
Sie schaute mich lange und eindringlich an. Bei jedem meiner Blinzler fürchtete ich, ihre Gegenwart zu verlieren. Ihre Gegenwart, die sie ja gar nicht wollte. Die sie eigentlich auch gar nicht geben konnte – je länger ich zu ihr sah, je mehr ich versuchte, ihr Wesen zu greifen, desto mehr kam ich mir wie ein Lügner vor.
Schließlich sagte sie: „Du hast es verstanden. Du bist allein.“,
und dann verschwand sie, vor meinen Augen.
Die Bahn fuhr ein und brachte mich nach Hause.
Am nächsten Samstag hatte ich frei. Und eigentlich mach ich sowas nie, aber um 23 Uhr fand ich mich doch schniede gestylt genau da auf der Piste wieder. Auch in der Woche danach, und der da nach. Seit ihr Blick mich gestreift hat, lässt das Sehnen nach Undine mich nicht mehr los. Ich halte nach ihr Ausschau, aber in keinem der Mädels, das ich anspreche, finde ich sie. Und von denen findet auch keine ihr Herz der Samstagnacht in mir.
Also kommen wir am nächsten Wochenende wieder neu zu unserer Zeremonie der Suche zusammen, jede Woche neu. Und manchmal frage ich mich, ob wir nicht langsam auch alle Geister sind wie Undine